Solidarität mit den Kämpfen in Frankreich
Samstag, 18.06.16, 14 Uhr, Berlin – Haus der Wirtschaft (Breite Straße 29)
In Frankreich wird gerade nicht nur Fußball gespielt. Es wird auch
getrotzt, gestreikt, gekämpft. Nuit Debout, die Bewegung der Aufrechten
der Nacht, hat sich zu einer breiten sozialen Bewegung entwickelt.
Werftarbeiterinnen und Werftarbeiter, Studierende, Bahnangestellte,
prekär Beschäftigte. Menschen aus vielen Bereichen der Gesellschaft
kämpfen gegen die geplanten Arbeitsmarktreformen der Regierung und für
Gleichheit und Freiheit. Reformen, die in Deutschland schon längst in
die Tat umgesetzt wurden. Auch in Belgien streiken mehr und mehr
Menschen. Die Kämpfe gegen Ausbeutung und Unterdrückung sind im Zentrum
Europas angekommen! Wogegen sich die Menschen in Frankreich und Belgien
aus Leibeskräften wehren, versaut auch uns das Leben.
In Frankreich protestieren die Menschen gegen eine Arbeitsrechtsreform,
die Arbeitszeitverlängerungen und Lockerungen des Kündigungsschutzes
vorsieht. Es geht um Flexibilisierungen, wie es so schön heißt. Die
vielen Millionen, die in Deutschland im Niedriglohnsektor arbeiten
müssen oder vom Jobcenter unter Druck gesetzt werden, kennen dieses Wort
nur zu gut. »Flexibilisierung« bedeutet, dass man jeden Job zu jedem
Lohn anzunehmen hat, eine Maßnahme, die vor allem den Unternehmen
zugutekommt. Wir erinnern uns noch gut, als die rotgrüne Bundesregierung
uns mit ihren neoliberalen Reformen überrollt hat: die Agenda2010. In
der Nacht zum 14. Juni wurde der Geburtsort dieser Reformen sichtbar
gemacht: das Haus der Wirtschaft. Wir haben nicht vergessen, wo der
deutsche Neoliberalismus seinen Anfang genommen hat und werden uns
weiterhin − wie die Kämpfenden in Frankreich − dagegen wehren. Denn die
Agenda 2010 erhöhte den Druck auf Erwerbslose und führte zu einem
massiven Ausbau des Leiharbeitsbereichs.
Diejenigen von uns, die noch einen Job haben, müssen seitdem noch
härter, schneller und effektiver für immer weniger Kohle schuften.
Diejenigen, die keiner Lohnarbeit nachgehen, werden dafür mit Sanktionen
und Ausschluss bestraft. Arbeitslos sein, heißt in dieser Gesellschaft
nämlich: nicht mitmachen dürfen im allgemeinen Konsumrausch, was soziale
Ausgrenzung zur Folge hat. Arbeitslosigkeit gilt in dieser Gesellschaft
als persönliche Fehlleistung, als moralischer Defekt, ganz nach dem
Motto: »Die sind doch selber schuld. Wer wirklich eine Arbeit will, der
findet doch eine.«
Die Kämpfe in Frankreich sind auch eine Folge des aggressiven
Wirtschaftskampf, den das deutsche Kapital seit Jahren führt. Die Devise
hierzulande lautet: alles für den Standort. Nachdem sich Deutschland
dank der neoliberalen Reformen zu einem Billiglohnland entwickelt hat,
setzt es die anderen Staaten unter massiven ökonomischen
Konkurrenzdruck. Wenn es einen Exportweltmeister gibt, muss es auch
Unterlegende − das sind seit 2008 vor allem die südeuropäischen Staaten,
aber eben auch Frankreich.
Aus diesem Grund rufen wir zu einer Solidaritätskundgebung mit den
französischen Gewerkschaften und der französischen Streikbewegung auf:
einer Bewegung, die sich eben nicht der Überfremdungsangst, Angst vor
dem Islam oder der Hetze gegen Geflüchtete bedient, sondern sich gegen
die Politik der Herrschenden richtet: Rentenkürzungen, Abbau der
Arbeitslosenrechte, Kürzungen im Sozialbereich, Minijobs, Ich-AGs und
Billiglöhne − nicht mit uns!
Die Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wirtschaft wollen uns
einreden, dass diese Art von Reformen unausweichlich sind. Warum
eigentlich? Damit die Reichen noch reicher werden? Damit die Banken ihre
Schulden bezahlt bekommen? Damit dieses Wirtschaftssystem, das am Ende
ist, noch ein paar Jahre durchhält, auf unsere Kosten? Damit es der
Nation und dem Standort Deutschland gut geht? Wir kämpfen lieber dafür,
dass es allen gut geht − weltweit.
Deshalb laden wir Euch ein, denjenigen einen Besuch abzustatten, die
sich die ganze Scheiße ausgedacht haben und mit ihrer Lobby-Arbeit
maßgeblich Druck auf die Regierung ausgeübt haben. Wir besuchen das Haus
der Deutschen Wirtschaft, wo die Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitergeberverbände, der Bundesverband der Deutschen Industrie und der
Deutsche Industrie- und Handelskammertag ihren Sitz haben. Wir zeigen
den Spitzen der deutschen Wirtschaft, was wir von ihnen und ihren
Gesetzen halten.
Kommt alle zur Vernichtung der Hartz IV Gesetzgebung am Samstag, den
18.06.2016, um 14 Uhr zum Haus der Wirtschaft (Breite Straße 29,
Fischerinsel).
Bringt Eure Hartz IV Bescheide mit oder druckt Euch ein paar Seiten des
Gesetzes aus, damit wir den Mist gemeinsam vernichten können. Den
vollständigen Gesetzestext findet ihr auf dieser Seite:
https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/sgb_2/gesamt.pdf
Diese Solidaritätsaktion soll nur ein Auftakt sein für weitere
antikapitalistische Aktionen.
Wir zeigen den Verantwortlichen, was wir von den Verhältnissen halten.
Solidarität mit den Kämpfen in Frankreich. Solidarität mit dem
Generalstreik von Brüssel. Nieder mit den neoliberalen
Arbeitsmarktreformen in Frankreich, Deutschland und ganz Europa.
Nous sommes Nuit debout! One struggle − one fight!